Architektur ist mehr als der Ausdruck der baukonstruktiven und ökonomischen Möglichkeiten im regionalen Kontext, sie ist immer auch Ausdruck der gesellschaftlichen Verfasstheit und damit Indikator für politische Zustände. Damit kommt der Architektur, sowohl in Form der „flüchtigen Skizze“ und darüber hinaus als gebautes Manifest, eine Schlüsselrolle in der Kommunikation von Visionen und gesellschaftlichen Umbrüchen zu.
Wie sind in diesem Kontext Bauausstellungen zu verstehen, welchen Einfluss hatten und haben vergangene Bauausstellungen auf die nachfolgende Kultur der Bauproduktion? Legten die ersten Weltausstellungen noch den besonderen Wert auf die konkurrierende Zurschaustellung von Höchstleistungen neu gewonnener Ingenieurtechniken, werden die Bauausstellungen von Beginn an und spätestens im Verlauf der Reformbewegung der 1920er Jahre vermehrt von sozialen Utopien geleitet.
Während sich die erste Bauausstellung in Deutschland 1901 auf der Mathildenhöhe in Darmstadt als Gesamtkunstwerk verstand, wurde mit der Weissenhofsiedlung in Stuttgart 1927 „Die Wohnung“ zum Ausstellungsstück einer sozialen Frage und die realisierten Gebäude zum dauerhaften Bestandteil der Stadt. Das Konzept der verstetigten Ausstellung in Form von dauerhaften Gebäuden setzte sich durch und ist seitdem Grundlage aller weiteren Bauausstellungen der Nachkriegszeit, von der IBA 1957 in West-Berlin bis heute.
Im Glauben an einen notwendigen politischen Wandel verstanden sich die Bauausstellungen als Experimentierfelder einer möglichen Zukunft und hatten damit immer den Anspruch, zukunftsweisend zu sein. Im Rahmen von Exkursionen wollen wir diesen gebauten Manifesten vor Ort nachgehen (z.B. Prag, Brünn, Bratislava, Stuttgart, Wien, Berlin, Hamburg) und prüfen, inwieweit die Kulturtechnik der gebauten Vision in Form einer Bauausstellung auch aktuell anwendbar ist.
Betreuung: Prof. Jens Ludloff, Leopoldo Saavedra M.Sc.