Die Multihalle in Mannheim wurde als freitragende doppelt gekrümmte Gitterschalenkonstruktion aus Holzleisten von den Architekten Carlfried Mutschler, Joachim Langner und Frei Otto für die Bundesgartenschau 1975 entworfen. Die statischen Nachweise führte das Büro Ove Arup, London. Die Halle mit amorphem Grundriss war ursprünglich nur für den Zeitraum der Bundesgartenschau geplant. Sie ist bis heute, auch nach über 40 Jahren, die größte Holzgitterschalenkonstruktion der Welt. Im Jahr 1998 wurde die Halle unter Denkmalschutz gestellt, darf aber seit 2011 nicht mehr genutzt werden, weil sie stark sanierungsbedürftig ist. Architekten empfehlen, die Aufnahme der Multihalle in die UNESCO-Weltkulturerbeliste zu beantragen. Die Stadt Mannheim hat indessen den Abriss angekündigt, sollten sich im kommenden Jahr keine finanzkräftigen Investoren zur Sanierung der Halle finden lassen.
In der aktuellen Gemengelage der Diskussionen um kulturellen Wert und Finanzierungsmöglichkeiten werden wir uns mit den konstruktiven Besonderheiten dieser innovativen Raumidee und den teils überraschenden Techniken der Sanierungskonzepte beschäftigen. Die Konstruktion leidet an Verformungen, die die notwendige „stabile Geometrie“ der Gitterschale schwächen und zusätzlich zu den natürlichen Kriechprozessen der Holzkonstruktion zum Abbau elastischer Spannungen und zu ungewollten Kraftumlagerungen führen. Die vorgelegten Sanierungskonzepte zur Multihalle zeigen die Grenzen computergestützter Nachweise von undefinierten Kraftverläufen in Folge veränderter Materialeigenschaften auf. In unserer scheinbar durch Simulationen abbildbaren Welt erhält dies besondere Relevanz, stellen die ursprünglich „manuellen Formfindungsprozesse“ wie sie für die Multihalle und das Olympiadach von München eingesetzt wurden, doch die unmittelbaren Wegbereiter heutiger computer-generierter Formwelten dar.
Im Rahmen des Seminars suchen wir den Dialog mit heutigen und ehemaligen Akteuren des „Wunders von Mannheim“ und geben einen Einblick in aktuelle Forschungsarbeiten und die Anwendbarkeit dieser leichtesten „aller denkbaren“ Konstruktionen.
Kooperationspartner: Architektenkammer Baden-Württemberg, Arup GmbH, Baukompetenzzentrum Stadt Mannheim, Büro Happold, Design-to-Production, Fast + Epp, KIT Karlsruher Institut für Technologie, Universität der Künste Berlin, University of Bath, Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM)