Von Vaihingen über Montreal nach Stuttgart,Transformationen in der Bautechnik sind ein integraler Bestandteil der Baugeschichte. Vom Holzbau zum Steinbau in der Antike, von Sempers Bekleidungstheorie zum Massivbau in der Neuzeit lassen sich zahlreiche Analogien transformativer Prozesse finden.
Frei Ottos Experimente zu Flächentragwerken mit Hilfe von Seifenhäuten führten zur Gestalt des Deutschen Pavillons auf der Expo 1967 in Montreal mit zugbeanspruchten Seilschlaufen. Währen der Pavillon in Montreal nach einer Übergangsnutzung abgerissen wurde, steht der Versuchsaufbau dieser Konstruktion von 1965, der 1967 zum „Institut für Leichte Flächentragwerke“ ertüchtigt wurde, noch heute in Vaihingen.
Aus dem Wettbewerb für den Neubau von Stuttgart 21 von 1997 ging als Siegerentwurf der Beitrag von Ingenhoven, Overdiek, Kahlen und Partner in Zusammenarbeit mit Frei Otto hervor. Das zentrale architektonische Element des Tiefbahnhofs stellt die Gestaltung der Deckenkonstruktion in Form von Kelchstützen als raumbildendes Tragwerk und Lichtfänger dar. Bei der Betrachtung von Tragwerken spielt die Hängelinie und deren “Spiegelung” als Druckbogen eine besondere Rolle, da hier über Modellversuche die statisch optimale Form gefunden werden kann. Eine ähnliche Transformation hat auch das Flächentragwerk aus Montreal für die Überdachung des Tiefbahnhofs in Stuttgart erfahren. Aus der zugbelasteten Membran wurde eine druckbelastete Schale.
Das Seminar ist als Blockseminar mit Tagesexkursionen und einem abschließenden Symposium mit externen Experten und Zeitzeugen angelegt. Es verfolgt den o.g.Transformationsprozess von der Seifenhaut bis zur aktuellen Praxis der bautechnischen Umsetzung der Kelchstützen durch die ausführende Firma Züblin auf der Baustelle von Stuttgart 21. Unsere Forschungsfrage steht dabei in der notwendigen Kongruenz und Bedeutung von Konstruktion, Raum und semantischem Zeichen.
Betreuung: Dipl.-Ing. Shakiba Ravazadeh