In Zusammenarbeit mit der Firma Seele (Gersthofen) beschäftigt sich das IBK Forschung + Entwicklung, im Rahmen einer Entwicklungsstudie, mit neuartigen Glaskonstruktionen um dem Potential der Laminiertechnik mit Hochleistungsfolien. Hier setzt die weltweit führende Firma für Ganzglasfassaden und Glaskonstruktionen seit Jahren immer neue Maßstäbe. Das Ziel der Entwicklungsstudien ist es, sehr dünne Glasschichten mittels einer hochfesten Laminierfolie zu zweidimensional gebogenen Hochleistungsgläsern zu verbinden. Das Potential dieses Produktes wird mit der Ganzglasbrücke auf der ´glastechnology – live   2008´ nachgewiesen und der Öffentlichkeit präsentiert. Das neuartige Produkt ´glascubond´ konnte sich die Firma Seele im Verlaufe des Projektes sichern.

Floatglas wird in der Glasindustrie in ebenen Platten mit den Abmessungen von 6,00 x 3,20 m hergestellt. Diese Platten sind, aufgrund ihrer geringen Dicke (4-12mm) biegeweich, Dabei steht die Elastizität der Glasscheiben in Abhängigkeit zu deren Dicke. Das Verhalten ist ähnlich wie bei Blechen, mit einem wesentlichen Unterschied. Bleche können ohne Eintrag von Wärme verformt werden, bei Glas führt eine Verformung über die Streckgrenze hinaus zum Glasbruch. Daher

Bisher ist es Stand der Technik, ebene Glasscheiben warm zu verformen, das heißt, die Glasscheiben werden in einem Ofen über 640°C erhitzt, das Glasgefüge verliert seine Festigkeit und legt sich plastisch in die gewünschte Form. Nachteile dieser Technik sind die Kosten der Form, die Größenbegrenzung durch den Biegeofen, die optischen Beeinträchtigungen durch das thermische Verfahren und die Ungenauigkeit beim Erkalten des Glases. Bei den konstruktiven Glaselementen der Ganzglasbrücke für die `glasstechnology live 2008` wird dagegen gerade der elastische Bereich des spröden Werkstoffes Glas für die Konstruktion der gebogenen Glasflächen konsequent genutzt. Erstmals wurde hier das Potential von `kaltgebogenen´ Glasscheiben im konstruktiven Glasbau erprobt und nachgewiesen.

Die Laufplatte der Brücke besteht aus sieben 4 mm dünnen Floatglasscheiben und sechs 1,5 mm dünnen hochtransparenten SGP (Sentry-Glas-Plus) Folien von DuPont. Die biegeweichen Glasscheiben werden vor dem Laminiervorgang auf einer Form als Glaspaket abgelegt und legen sich aufgrund ihres Eigengewichtes und der geringen Eigensteifigkeit, ganz ohne zusätzlichen Energieaufwand, auf diese Form. Durch den Laminiervorgang werden die Eigenspannungen eingefroren und die einzelnen Glasscheiben sind untereinander über die Folie schubsteif verbunden. So können die Eigenspannungen positiv für die Gesamtkonstruktion genutzt werden. Interessant ist hierbei ein völlig neues Volumenverhältnis von Glas zu Laminierfolien. So steht das Volumenverhältnis bei der Lauffläche der Brücke bei 3:1 (Glas zu SGP), dadurch reduzieren sich selbstverständlich auch die Eigenlasten dieser Glasbauteile.

Die Brücke besteht aus drei Bogenträgern, in Form von kaltgebogenen Glasplatten mit einer Abmessung von 2 x 7 m für die Lauffläche und 1,2 x 7 m für die Brüstungen, mit den entsprechenden Zuschnitten. Die Fügung der zweidimensional gebogenen Scheiben ergibt einen dreidimensionalen Körper, der den jeweiligen Lasten optimal entgegen wirkt. Die Lauffläche bildet einen schlanken Bogenträger und trägt die Verkehrslasten von 5 KN/m2 in die Auflager ab. Die Brüstungsflächen bilden einen Bogen gegen die aufzunehmenden Anpralllasten von 1 KN/m2. Die Verklebung der drei Scheiben im Bereich der Lauffläche, mit einer Höhe von 37 mm, wirkt den ungleichen Lasten entgegen und verhindert das Ausbeulen der Gesamtkonstruktion. Diese Fuge kann, analog zu den kraftschlüssig eingeklebten Frontscheiben bei Automobilen, zur Demontage mit einem ´Cutterschnitt´ gelöst werden. Dieser Vorgang kann bei Bedarf mehrfach wiederholt werden, so dass die gesamte Konstruktion zuverlässig montiert und demontiert werden kann. Das Exponat Ganzglasbrücke sieht sich als Innovationsträger, für einen ganz neuen Umgang mit dem Werkstoff Glas. Aus ebenen „Standard“ Floatglasscheiben wird durch die Verformung unter Eigenlast und einer „intelligenten“ zweidimensionalen Zuschnitt ein dreidimensionaler, maximal transparenter und begehbarer Glaskörper.


Laufzeit: 2008  
IBK2 I Forschung + Entwicklung
seele GmbH & Co. KG
ENGELMANN PETERS GmbH